Achim Pasold & Ralph Stöhr: Moderne Zeiten
Führer Klettern
11.01.2018, 09:45 Uhr
Hat’s das gebraucht? Ein Auswahlbuch der hundert besten Alpinrouten ab dem siebten Grad? Ja, das hat’s gebraucht! Wenn nicht für jeden zum Nachmachen, so doch zum Nachempfinden, wie sich das Klettern in den letzten vierzig Jahren entwickelt hat.
Mit der Neuauflage des „Extremen Fels“ reanimierte der Kletter-Kultverlag Panico eine Legende. Mit den „Longlines“ präsentierte er eine Auswahl moderner Alternativen für Felsenfresser. Nun hat sich der Chef Achim Pasold selber an Tastatur und Zeichenbrett gesetzt und einen Lebenstraum verwirklicht: „Moderne Zeiten“ versammelt 100 moderne Kult-Routen – das Beste, Wildeste, Schönste seit Eröffnung der Pumprisse und Erfindung des siebten Grades 1977.
Schon beim Durchblättern zeigen die Wandbilder die Entwicklung, die das „alpine“ Klettern genommen hat: Vom Verdon bis zum Wienerwald sind auch Alpenregionen vertreten, die nicht durch elegante Gipfel und Linien glänzen. Statt dessen sind es oft auffällig glatte, kompakte Wände, die bei meist bestem Fels hohe Schwierigkeit und möglichst auch Genuss versprechen, auch ohne Gipfelerlebnis. Dass die erwählten Routen nicht alle so wild sind, wie es Heinz Mariacher mit seiner namensgebenden Erstbegehung an der Marmolada-Südwand vorgeben wollte, ist auch dem Zeitgeist geschuldet. Seit Pasold vor gut dreißig Jahren die erste Routenliste für dieses Buchprojekt zusammenstellte, ist der Bohrhaken auch in den Alpen voll salonfähig geworden.
Routen mit dem gewissen Etwas
So ist nur die Schwierigkeitszahl (VII – VIII) Programm, die Routenauswahl ist (bei allgemein gehobenem Anspruch) breit gefächert: Plattentänze und Rissquälereien, bombenfester und abenteuerlicher Fels, abgegriffene Neoklassiker und superraue Geheimtipps, modern gesichert oder für Klemmkeilexperten – aber alle haben ein gewisses Etwas. Das Pasold und sein Coautor Ralph Stöhr, Redakteur beim Fachblatt „Klettern“, in ihren Texten greifbar machen. Da geht es nicht nur um die jeweilige Route (oder eine benachbarte, ähnlich schöne…); auch Erschließerpersönlichkeiten werden gewürdigt und mit sympathischem Humor in Umfeld und Zeitläufte eingeordnet.
Ähnlich wie beim großen Vorbild „Im Extremen Fels“ bekommt jede Route zwei Seiten: ein großes Wandbild mit zurückhaltenden Pfeilen an Ein- und Ausstieg, eine Textseite mit Beschreibung, Infoblock und (von Pasold handgezeichneter) Routenskizze. Zeitgemäß liefert der Kletterverlag aber auch Praxisinfo: Mit personalisiertem Code kann man auf der Verlags-Website ein Ebook mit Topos und weiteren Infos downloaden und sich ans Nachvollziehen machen – ein Buch zum Träumen, eine Sammel-Aufgabe fürs Leben. ad
Kurzcheck
Info
Besonders geeignet für… Alpintaugliche Kletterer, denen der „Extreme Fels“ zu langweilig ist.
Achim Pasold, Ralph Stöhr: Moderne Zeiten. 100 legendäre Freikletterrouten in den Alpen, Panico Alpinverlag, 2017, 224 Seiten, 48,- Euro. Deluxe-Version in limitierter Auflage mit Topo-Fächern, Poster und Alpen-Brettspiel: 89,90 Euro
ISBN: 9783956111006