Von Block bis Bigwall
Führer Klettern
08.07.2021, 18:14 Uhr
Gerade bei Kletterführern sind auch Neuauflagen oft wertvolle und sehnlich erwartete Infoquellen. Denn Fels gibt es auf der Welt in Mengen, und mit oder ohne Bohrhaken lassen sich daran immer wieder neue, lohnende Ziele finden.
Östliche Schweiz
Hm – auch Tirol gehört neuerdings zur Ostschweiz? Nun: Burschlwand und Ötztal sind sinnvolle Ergänzungen zu Urnern und Glarnern, Graubünden und Rätikon – aber auch ohne die cis-Arlberg-Optionen bietet der Führer mehr als genug Ziele für ein durchschnittliches Kletterer-Leben. Im bewährten Känel-Stil knapp, aber übersichtlich und ästhetisch beschrieben und gezeichnet.
Sandro von Känel: Schweiz Plaisir Ost, Edition Filidor, 2021, 432 S., 49,- Euro
Tessin
Schon in vierter Auflage erfasst der Tessiner Kletterer Glauco Cugini für den Schweizer Alpenclub die Klettermöglichkeiten in der „Sonnenstube“ zwischen Gotthardpass und Lago Maggiore. Von den quasi klassischen Genussplatten bei Ponte Brolla bis zu härtesten Free Walls am Poncione d’Alnasca reicht das Spektrum, das durch etliche völlig neue Klettergärten und Mehrseillängenangebote ergänzt wurde: Zwanzig der 93 beschriebenen Gebiete sind durch rote Farbe als „neu“ gekennzeichnet – auch sie von Plaisir- bis Extremniveau. Informative Texte, Übersichtsskizzen, Fotos und Topos versprechen gute Wegweisung.
Glauco Cugini: Ticino/Tessin, SAC-Verlag, 4. Auflage 2021, 576 S., 49,- Euro
Wände im Sarcatal
Der „Filippi“ ist die Referenz für Menschen, die die Vielfalt der Mehrseillängenrouten am Gardasee genießen wollen. Zwar bleibt es ewig unverständlich, warum frei gekletterte Routen plötzlich A0-Bewertungen erhalten. Sonst aber liefert der Auor, der auch selber Routen einrichtet, Topos und gute Infos zu dem meisten, was hier von seinen unermüdlichen Erschließer-Kollegen immer neu ausgegraben und eingebohrt wird. Ihr Fleiß hat das Werk mittlerweile auf zwei Bände anwachsen lassen; der erste enthält die meist konsumfreundlicheren Ziele nahe Arco, der zweite listet die oft anspruchsvolleren Routen im oberen Sarcatal, darunter auch einige leichter zugängliche Schmankerl.
Hohe Wände bei Arco Bd. 1+2, Versante Sud, 4. Ausgabe 2020/21, 528/512 S., jeweils 35,- Euro
HOHE WÄNDE BEI ARCO vol.1 sowie HOHE WÄNDE BEI ARCO Vol.2
Karnische und Julische Alpen
Diese Regionen auf der Sonnenseite der Ostalpen sind in deutschen Kletterkreisen nicht gerade als Hotspots verschrieen – der engagierte Panico Verlag schließt hier eine Wissenslücke. Allzu viel Plaisir sollte man sich freilich nicht erwarten: Die Julischen Alpen sind im Wesentlichen Abenteuergelände mit nur einzelnen Sportkletteroasen, und auch die Kärntner und Osttiroler Erschließer mögen’s gelegentlich spannender. Dennoch wird man in der reichen Auswahl großer Linien und kleinerer Klettergärten sicher seine persönlichen Perlen finden; eine E(rnsthaftigkeits)-Wertung und gute Beschreibungen informieren zumindest über die Ansprüche.
Hannes Lexer, Stefan Lieb-Lind: Best of Südostalpen, Panico, 1. Auflage 2020, 516 S., 44,80 Euro
Korsika
Bei den Einleitungskapiteln muss man an den Asterix-Band denken: ruppig-rau, rustikal und abenteuerlich sind Land und Leute wohl heute noch wie dazumal. Aber die Autoren vermitteln auch ihre Begeisterung für die einzigartigen Tafoni-Strukturen, die häufiger sogar mit Bohrhaken zugänglich gemacht wurden. Wie aus den Alpen-Topoguides bekannt und bewährt, präsentiert der Führer eine Auswahl persönlich getesteter Routen, mit ebenso persönlichen, detaillierten Anmerkungen zu Routencharakter, Absicherung, Anforderungen und Trüffelschwein-Anspruch des Zustiegs. Knapp 100 Routen (32 davon neu in dieser Auflage) sind beschrieben und mit ausführlichen Topos dargestellt; man könnte Lust bekommen ...
Nicole Luzar, Volker Roth: Topoguide Korsika, topoguide.de, 2. Auflage 2020, 256 S., 48,95 Euro
Schwäbische Alb
Die Schwäbische Alb ist das Heimatrevier der Panico-Jungs, die Führer zu den vielfältigen, nur selten easypeasymäßigen Felsen legten das Fundament des Verlags. Und ganz unschwäbisch werden hier die Reviere für zumindest zwei Einzelbände in einem Buch verpackt: Das fällige Update zum allzeit beliebten Blautal wurde ergänzt um die oft arg kompakten Felsen im Eselsburger Tal und das idyllische Große Lautertal. Launige und ehrliche Kommentare zu jeder Route lassen gut einschätzen, was einen erwartet – wie mancher Schwabe sagt: das zweitbeste Gebiet der Welt.
Matthias Köhler, Ronald Nordmann: Steinzeit, Panico, 1. Auflage 2020, 288 S., 29,80 Euro
Veltliner Brocken
Das Val di Mello ist unter Boulderern so legendär wie Chamonix unter Alpinisten – weniger bekannt sind die anderen Täler der Region: Val Chiavenna, Val Malenco und Val Gerola. Eine Ungerechtigkeit, die auf diesen fast 500 Seiten korrigiert wird. Die Infotexte sind dreisprachig (I/GB/D), Übersichtskarten helfen beim Aufspüren der Blöcke, die mit Fototopos dargestellt sind. Die kurzen Charakterisierungen sind dann italienisch (es gibt ein Vokabular), Icons weisen auf besonders schöne oder auch heikle Routen hin. Wer von Mello und Tessin genug hat, findet hier für einige Urlaube Material.
Alberto Milani: Valtellina Bloc, Versante Sud, 1. Auflage 2020, 496 S., 35,- Euro