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Frank Gerbert: Alpenüberquerungen

Führer Wandern/Bergsteigen

06.07.2021, 12:56 Uhr

Auf zehn verschiedenen, selbst entwickelten Routen hat Frank Gerbert die Alpen überquert. Wer sich von seiner Begeisterung anstecken lassen will, erhält mit diesem „Handbuch“ sehr gute Planungsgrundlagen.

Alpenüberquerungen sind mit das Anstrengendste, was an Wandern denkbar ist“, warnt der Autor gleich im Eingangskapitel. Trotzdem hat er sich immer wieder darauf eingelassen, ja, bezeichnet es als „Spleen“: als „Mittelwert zwischen Marotte und Leidenschaft“. Seit 2003 sind es zehn Routen geworden, die der studierte Geograf selber zusammengestellt und begangen hat und die er in diesem Buch, einer Art Fazit dieser Faszination, beschreibt.

 

Beim Aushecken dieser Linienführungen war ihm eines wichtig: „Ein Weitwanderweg muss eine einleuchtende Wegführung und außerdem eine Art Seele haben“. Diesen Anspruch lösen seine Kreationen oft überzeugend ein, auch wenn immer wieder Zug-, Bus- oder Bergbahnfahrten nötig sind, um uninteressante oder langwierige Verbindungen zu vereinfachen. Von den Berner und Walliser Alpen im Westen (Thun-Biella) bis zu Ötscher und Hochschwab im Osten (Scheibbs-Graz) decken seine Linien die große Vielfalt der Alpen ab. Sie durchstreifen weniger bekannte Regionen wie Alpstein, Glarner und Tessiner Alpen (Rorschach-Mendrisio) oder Niedere Tauern und Gurktaler Alpen (Mondsee-Bled). Aber der Autor hat auch bekannte Klassiker teils mit eigenen Varianten bereichert: etwa die Linie Neuschwanstein-Garda mit Teilen des E5, oder eine spannende Linie durch Wetterstein, Stubaier, Sarntaler und Dolomiten (Oberammergau-Vittorio Veneto).

 

Erfahrungen und Recherchetipps

Zu jeder Tour gibt er ausführliche Beschreibungen mit ordentlichen Übersichtskarten und den zentralen Daten wie Zwischen- und Etappenzielen, Zeit, Entfernung und Höhenmetern, Möglichkeiten für Einkehr, Übernachtungen und diverse Varianten. Zu jeder Etappe schildert er in ein paar Sätzen die Charakteristik der Landschaft, erzählt von seinen Erfahrungen oder gibt hilfreiche Tipps. Seine Erinnerungen mögen teilweise etwas bejahrt sein, wie er selber zugibt; doch wirkt alles sorgsam auf Aktualität nachrecherchiert. Dass man selber mitdenken und eine Portion Eigeninitiative einbringen möge, bevor man sich selbst auf solche Wege macht, ist seinen auf Augenhöhe entspannt erzählten Texten anzumerken. Auch die Bilder wirken teilweise nicht mehr ganz frisch, geben aber repräsentative Eindrücke von den Landschaften und Ansprüchen, die man zu erwarten hat.

 

Die Einführung liefert er-lebte Tipps zum selbständigen Zusammenstellen und Planen von Überquerungen; in einer Tabelle hat der Autor seine zehn Routen per Sternewertung für Dauer, Anstrengung, Landschaft und Kosten verglichen. Ein ausführlicher Anhang „ABC der Alpenüberquerung“ gibt viele weitere Tipps aus dem Erfahrungsschatz von insgesamt 2800 Kilometern und 138.000 Aufstiegshöhenmetern.

 

So bleibt als Gesamteindruck: Kundig und findig zusammengestellte Routen, gut nachvollziehbar beschrieben, mit Hinweisen auf nötige Eigenrecherchen – es ist eben eine Aufgabe, wenn man eine Alpenüberquerung nicht von der Stange oder geführt machen will. Dafür liefert das dann auch mehr Befriedigung – die beim Autor ohne arroganten Stolz, sondern als innere Freude zwischen den Zeilen spürbar ist.

 

Kurzcheck

Nutzwert
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Fotos

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Besonders geeignet für … Menschen, die sich fürs Wandern gerne größere Ziele setzen und dafür auch Eigeninitiative zu investieren bereit sind.

 

Frank Gerbert: Alpenüberquerungen, Verlag Berg&Tal, 2021, 224 S., 24,90 Euro

 

ISBN: 978-3-939499-60-2

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